In den vergangenen Jahrzehnten ist die Gesellschaft zunehmend bunter und vielfältiger geworden. Die Pluralisierung in Deutschland wird u.a. mit Prozessen der Individualisierung und der Globalisierung erklärt. Diesem Wandel unterliegt auch die muslimische Bevölkerung, und zugleich treibt sie ihn mit an. Als integraler Teil der Gesellschaft gestalten Muslim*innen nicht nur innerhalb ihrer eigenen Communities das Zusammenleben mit, sondern auch darüber hinaus in allen Bereichen ihres gesellschaftlichen Umfelds. So wirken sie u.a. beruflich, künstlerisch, wirtschaftlich und politisch. Dieses Kapitel zeigt auf, wie Muslim*innen in der Gesellschaft arbeiten und wirken, und es stellt dabei folgende Fragen:
• Mit welchen Aktivitäten gestalten Muslim*innen heutzutage das gesellschaftliche Leben über ihre eigenen Vereine hinaus mit?
• Welche Institutionen haben Muslim*innen u.a. in den Bereichen Wohlfahrt, Medien und Kultur ausgebildet?
• Welche Formen der Radikalisierung unter Muslim*innen und des antimuslimischen Rassismus haben sich ausgebildet und wie wirken sie sich auf das Zusammenleben aus?
Die große Mehrheit der Muslim*innen ist Teil der deutschen Gesellschaft, und viele sind über ihre religiösen und ethnischen Gemeinschaften hinaus in vielen Bereichen eingebunden. Ihre Religionszugehörigkeit stellt sie meist nicht vor besondere Herausforderungen im Alltag; Konflikte deswegen gibt es in seltenen Fällen.
Die Berliner Medizin-Studentin Säli und ihr Hobby: Longboard-Fahren
Auch Muslim*innen unterliegen den Anforderungen sich wandelnder Verhältnisse. Insbesondere in dem Ausnahmezustand während der ersten Zeit der Covid-19-Pandemie war zu merken, dass alle gleichermaßen von den Schwierigkeiten betroffen waren. In Gesprächsforen wie etwa dem Roundtable der Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft an der Goethe-Universität Frankfurt zu Fragen des Lockdowns und der Digitalisierung für Glaubensgemeinschaften unter Corona-Bedingungen zeigte sich im interreligiösen Gespräch, dass die Herausforderungen für Muslim*innen und auch die Folgen und Maßnahmen, die ergriffen wurden, nicht anders waren als für jüdische und christliche Gemeinden. Durch solche Austauschprozesse auf Augenhöhe erleben die Teilnehmer*innen, dass letztlich alle Mitglieder der Gesellschaft im selben Boot sitzen und man voneinander lernen und sich im Miteinander durch schwierige Zeiten lotsen kann.
Fußballturnier Imam gegen Pfarrer auf dem Tempelhofer Feld in Berlin
Cansever Büyüt, ehemaliger Volkswagen-Angestellter und Mitgründer einer der ersten muslimischen Gemeinden in Hannover
Das Selbstverständnis der Muslim*innen als Bürger*innen ist heute viel stärker ausgeprägt als vor 50 Jahren zur Zeit des Zuzugs der Gastarbeiter*innen, auch weil damals ihr Aufenthalt in Deutschland noch von allen Seiten als nur vorübergehend betrachtet wurde. Deshalb wurde auch ihre Zugehörigkeit zur Gesellschaft angezweifelt. Für die Mehrheit der Muslim*innen aber ist es heute selbstverständlich, Teil der Gesellschaft zu sein und sich als vollwertige Bürger*innen zu verstehen. Es gelingt ihnen immer besser, mit ihrem Engagement aktiv beteiligt zu sein, in ihren Kommunen und darüber hinaus Verantwortung zu tragen und als Akteur*innen wahrgenommen zu werden. Viele von ihnen sind dabei im Gespräch und im Austausch mit anderen oder setzen gemeinsame Projekte um, ohne in ihrem Handeln auf ihre jeweilige Community beschränkt zu bleiben. Zwar fühlen sie sich von den kritischen medialen Islamdebatten gestört, von Resignation kann dennoch keine Rede sein. Stattdessen versuchen sie, selbst mitzumischen und ihre Meinung kundzutun. Doch trotz der vielen positiven Beispiele sind auch ‚schwarze Schafe‘ unter ihnen zu finden, die sich radikalen Positionen zugewandt haben und sich von der gesellschaftlichen Umgebung absondern wollen.
Musiker und Aktivist Waseem in München
Mangold-Ernte in Sufiland, einem Gemeinschaftsprojekt von Muslim*innen am Bodensee
Bei genauerem Hinsehen lässt sich ein vielfältiges Engagement von Muslim*innen verzeichnen, das teilweise religiös motiviert ist. Im vergangenen Jahrzehnt sind zahlreiche zivilgesellschaftliche Initiativen von Muslim*innen ins Leben gerufen worden. Im Bereich von Dialog und politischer Bildung beispielsweise haben sie deutschsprachige Foren geschaffen, um miteinander und mit anderen gesellschaftlichen und politischen Akteur*innen ins Gespräch zu kommen oder um sich weiterzubilden. So ist beispielsweise die Alhambra Gesellschaft e.V. 2017 als muslimisches Debattenforum entstanden. In deutscher Sprache veröffentlichen Mitglieder des Vereins religiöse Inhalte wie etwa die Freitagsworte, eine Art Internet-Freitagspredigt. Doch im Mittelpunkt der Aktivitäten stehen ein öffentliches Debattenformat – das Muslimische Quartett und seit neuerem Das unbequeme Gespräch – sowie ein parlamentarisches Forum, um generell Streitfragen rund um Glauben und Gesellschaft zu diskutieren.
Fahrradtour durch Deutschland unter dem Motto Muslime für Frieden, organisiert durch die Ahmadiyya Muslim Jamaat
Auf kommunaler Ebene hat sich als weiteres Beispiel 2013 eine Initiative Heidelberger Muslime gebildet, die sich die „Entmarginalisierung von Muslimen im kommunalen Miteinander“ zum Ziel gesetzt haben. Ihnen geht es um die Bereitstellung von „Dienstleistung an der Gesellschaft aus einer gottbewussten Haltung heraus“. Aus dieser Initiative heraus entstand sodann die Muslimische Akademie Heidelberg, der es um Bildung im Sinne der Selbstermächtigung und um Empowerment geht. Damit wirken die jungen muslimischen Akteur*innen in die Gesamtgesellschaft hinein mit der klaren Ambition, „Synergien zwischen der religiösen und der säkularen Sphäre zu ermöglichen“. Über Netzwerkarbeit und Partnerschaften u.a. mit christlichen Akademien sowie anderen Träger*innen der politischen Bildung und muslimischen Körperschaften beteiligen sie sich an wichtigen Diskussionen und übernehmen gesellschaftliche Verantwortung.
Solidaritätsgebet im Rahmen einer Black Lives Matter-Demonstration in Berlin
Eren Güvercin ist einer der Gründer der Alhambra Gesellschaft e.V., in der sich Muslime für ein plurales Europa engagieren.
Initiiert von der Humboldt-Universität zu Berlin und der Stiftung Mercator ist weiterhin im Jahr 2011 die Junge Islam Konferenz ins Leben gerufen worden. Sie führt junge Menschen im Alter zwischen 17 und 25 Jahre zusammen, die sich miteinander islambezogenen Fragen unserer Zeit widmen möchten. Sie setzen sich zudem ausgehend von ihren diversen Hintergründen mit aktuellen Fragen des Umgangs mit und nach Möglichkeiten der gemeinsamen Gestaltung pluralistischer Lebenswelten auseinander.
Tag der Offenen Moschee in der Al Mahdi-Moschee in Neufahrn bei Freising
Ein weiteres Beispiel für ein zivilgesellschaftliches Engagement im Bereich der Inklusion von Menschen mit Behinderung ist das 2014 ins Leben gerufene Interkulturelle Institut für Inklusion e.V. Zwar geht die Gründung auf Muslim*innen zurück, die sich ehrenamtlich für ein besseres Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung einsetzen und die vor allem Muslim*innen das Thema Inklusion näherbringen wollen. Doch arbeitet der Verein auch über die muslimische Community hinaus mit anderen zusammen, um generell für eine religions- und kultursensible Behandlung von Menschen mit Behinderung aus verschiedenen Kulturräumen zu sensibilisieren.
Intensivpflegerin Farah Demir an der Medizinischen Hochschule Hannover
Auch im Bereich Nachhaltigkeit und Umweltschutz haben sich einige muslimische Initiativen herausgebildet, die gemeinsam mit anderen Akteuren Missstände angehen möchten, wie etwa Nour Energy oder die Initiative Faire Moschee. Letztere setzt sich beispielsweise für Umwelt- und Naturschutz ein sowie für fairen Konsum und gerechten Handel. Hierbei arbeitet sie vor allem mit Moscheegemeinden, um sie für Umweltschutz und sparsamen Ressourcenverbrauch zu sensibilisieren. Daraus entstand in NRW ein kommunales Netzwerk ‚fairer‘ Moscheen.
Mitglieder von Nour Energy besichtigen eine von ihnen geplante Solar-Anlage auf dem Dach der Emir Sultan-Moschee in Darmstadt. Nour Energy ist die erste muslimisch-deutsche Organisation für Umweltschutz und Nachhaltigkeit.
Muslim*innen beteiligen sich individuell und kollektiv rege in den Bereichen Kultur, Kunst und Sport. 1991 ist von Muslim*innen in Bonn der Internationale SportClub AlHilal gegründet worden, um Sportangebote bereitzustellen, die auch muslimische Belange berücksichtigen. Mittlerweile gehören ihm über 1000 Mitglieder aus mehr als 20 Nationen an. Die meisten stammen aus muslimisch geprägten Ländern. Mit mehreren Projekten versucht der Verein, Sport als Mittel der Integration und des guten interkulturellen Miteinanders zu betreiben und Muslim*innen und Nicht-Muslim*innen gleichermaßen anzusprechen. „Die Diversität sehen wir als Besonderheit und Stärke unseres Vereins, die durch gegenseitigen Respekt Anerkennung erfährt. Durch sportliche Projekte möchten wir eine Verbindung von Sport und Integration über kulturelle und religiöse Grenzen hinweg herstellen“, so der Verein in seiner Selbstdarstellung.
Stadtimkerin Aischa Ahmad-Bach in Hannover
Firouz Vladi ist pensionierter Geologe und führt Exkursionen durch die Harzer Gipskarstlandschaft. Außerdem ist er Mitgründer des Verbands Muslime in Niedersachsen.
Kinderturn-Trainerin Leona Osmanaj in Hannover
Tänzerin und Tanzlehrerin Zahra Khadraoui bei einem Probetraining im Schlossgarten von Schloss Nymphenburg in München
Zu den kulturschaffenden muslimischen Initiativen gehört das Satire-Kollektiv Datteltäter in Berlin, das mit der Eröffnung eines YouTube-Kanals 2015 gestartet ist. In kurzen YouTube-Videos behandeln sie Fragen zum deutsch-muslimischen Selbstverständnis und zum gesellschaftlichen Miteinander aus Sicht dieser Minderheiten. Damit adressieren sie nicht nur die spezifische Zielgruppe, sondern regen gesellschaftskritische Debatten in der allgemeinen Öffentlichkeit an und beteiligen sich an diesen auch aktiv. Seit 2016 sind ihre Videos auch über das zu ARD und ZDF gehörende Online-Jugendprogramm Funk einsehbar.
Der Moderator und Journalist Michel Abdollahi gründete seinen eigenen digitalen Fernsehsender, das Vierte Deutsche Fernsehen.
Auch i,Slam e.V., der 2011 gegründet wurde und lange Zeit aktiv war, hat es geschafft, deutsch-muslimische Stimmen und Perspektiven künstlerisch in den kulturellen Bereich der modernen Dichtung einzubringen. In einem Zeitungsbericht der taz gaben seine Gründer an, dass diese Kunstform Muslim*innen durchaus nahe liegt: Schon der Prophet und seine Gefährt*innen seien Dichter*innen gewesen, der Koran sei in Versform verfasst. Doch es geht bei ihnen nur am Rande um Religion, die meisten poems sind gesellschaftskritisch oder einfach nur unterhaltsam. In diesen als Poetry Slams bekanntgewordenen Wettstreits, bei denen sich junge Wortkünstler*innen mit selbstverfassten Texten auf einer Bühne messen, geht es nicht nur um religiöse, sondern um vielfältige Themen, die die meist jungen Dichter*innen bewegen. Letztlich bringen sich damit Muslim*innen über die Kunst des Wortes in die deutsche Kulturlandschaft ein.
Amina bloggt und modelt auf ihrem Account @modestmina zu Modest-Fashion-Themen.
Relativ neu ist das Netzwerk-Projekt Kunst junger Muslim*innen. Es hat zum Ziel, kunstschaffende junge Muslim*innen in Deutschland zusammenzubringen. Es ist Teil des Jugendstil Ideenfonds und wird von ihm mit anderen Initiativen gefördert. Es adressiert das Phänomen, dass es zahlreiche Muslim*innen gibt, die für sich individuell künstlerisch aktiv sind, aber keine Plattform haben und öffentlich zu wenig sichtbar sind.
Leila El-Amaire ist Mitgründerin von i,Slam, Poetry Slams, auf denen nicht über muslimische Jugendliche geredet wird, sondern wo sie selbst das Wort ergreifen. Seit 2020 ist sie Trägerin des Bundesverdienstkreuzes.
Die gesellschaftliche Teilhabe geht aber noch weit über diese spezifischen, von Muslim*innen gegründeten Vereine und Initiativen hinaus. Viele Muslim*innen sind in säkularen Einrichtungen oder Vereinen vor Ort dabei, wie etwa in der freiwilligen Feuerwehr oder im Schützenverein. Sogar an Karnevalsaktivitäten nehmen manche von ihnen teil und beteiligen sich an der örtlichen Vereinsarbeit.
Planungsmeeting des Tamam-Projekts in Berlin: Tamam ist ein Kulturprojekt des Museums für Islamische Kunst. Muslimische Jugendliche sollen über Workshops das islamische Kulturerbe kennenlernen.
Außerdem vernetzen sich muslimische Gruppierungen in ihren Kommunen mit anderen oder bilden übergreifende Partnerschaften aus. So sind beispielsweise einige ihrer Vereine den neuen deutschen organisationen (ndo)angeschlossen, ein postmigrantisches Netzwerk von Vereinen, Organisationen und Projekten aus ganz Deutschland. Sie engagieren sich gemeinsam mit anderen in einem ‚postmigrantischen Bündnis‘ für eine offene Gesellschaft. Das im Jahr 2009 gegründete Aktionsbündnis muslimischer Frauen (AmF), das sich als unabhängiger Zusammenschluss für die Interessen und Gleichstellung muslimischer Frauen in Deutschland einsetzt, hat sich beispielsweise im Jahr 2010 dem Deutschen Frauenrat angeschlossen und bringt sich dort mit ein. Zudem ist das AmF seit 2012 Mitglied bei UN-Women Deutschland.
Erkan Inan ist einer der Initiatoren des Ausarten-Festivals in München, ein Kunst- und Kulturfestival, das jüdisch-muslimische Allianzen sichtbar machen will.
Längst sind Muslim*innen in allen Wirtschaftszweigen und Berufen vorzufinden. Muslimische Ärzt*innen, Anwält*innen, leitende Ingenieur*innen und Unternehmer*innen beteiligen sich am beruflichen Leben und schaffen somit teilweise auch Arbeitsplätze.
In anspruchsvollen und gefährlichen Berufen wie der Polizei und der Bundeswehr sind sie ebenso vertreten wie in den Chefetagen deutscher Unternehmen. Ihre öffentliche ‚Unsichtbarkeit‘ lässt sich als Indiz für die Selbstverständlichkeit ihrer Teilhabe in allen Berufsfeldern – darunter auch hochqualifizierten Berufen – deuten.
Die beiden Feuerwehrleute Mohammad und Ali kamen als Geflüchtete nach Achim.
Polizeioberkommissar Cihan C. in Frankfurt
Die Designerin Bahhareh Karimi erschafft mit dem Modelabel Imaima neue Modest-Fashion-Kreationen.
Der Stuttgarter Architekt Mustafa Rasch verwirklicht Bauprojekte unter anderem in Mekka und Medina. Gemeinsam mit seinem Vater Bodo Rasch plante er die große Turmuhr, die über Mekka thront.
Saliha Schmitz hat sich mit dem Café Wölkchen einen Traum erfüllt. Über das Café hinaus veranstaltet sie mit ihrem Mann Yahya die Gesprächsreihe Coffee and Faith, in der Speaker*innen zu Wort kommen, um über islamisch-theologische Themen zu sprechen.
Go Yolla! ist ein Berliner Start-up, das unter anderem Halal-Lebensmittel bis an die Haustür bringt. Die beiden Mitgründer Omar Halabi und Mohamad El Haj planen, den Lieferdienst demnächst auch in anderen Städten anzubieten.
Auch in die Politik haben Muslim*innen inzwischen Einzug gefunden, und zwar nicht nur im Hintergrund oder in kleinen Amtstuben. Innerhalb mancher Parteien haben sich Arbeitskreise oder Zusammenschlüsse von Muslim*innen gebildet, so etwa der Arbeitskreis Grüne MuslimInnen oder der Arbeitskreis Muslime in der SPD. Sie sind bei Wahlen in ihren Städten aktiv und treten dort teilweise bei Kommunal- und Landtagswahlen und zunehmend auch bei Bundestagswahlen an. Lamya Kaddor, muslimische Religionspädagogin und Gründungsvorsitzende des Liberal-islamischen Bundes, ist beispielsweise seit 2021 als Grünen-Politikerin Mitglied des Deutschen Bundestags. Als erste muslimische CDU-Bundestagsabgeordnete konnte in der vorherigen Legislaturperiode Cemile Giousouf politisch mitwirken. Doch der Fall Şener Şahin, der für den CSU-Ortsvorstand im bayerischen Wallerstein für das Amt des Bürgermeisters kandidieren wollte, zeigt: Es ist immer noch nicht einfach für Menschen mit Migrationshintergrund, in etablierten Parteien voranzukommen. Gegen seine Kandidatur gab es so großen Widerstand in den eigenen Reihen, dass er seine Bewerbung zurückzog.
Belit Onay, Oberbürgermeister der Stadt Hannover
Mazhar Klalib Alashabi bietet in seiner King Konditorei syrische Baklava an.
Sawsan Chebli, ehemalige Staatssekretärin und Mitgründerin des Vereins JUMA (Jung, muslimisch, aktiv)
Hassan Akkouch startete seine Schauspielkarriere am Ballhaus Naunynstraße. Nachdem er später Schauspiel in München studierte, spielt er heute in verschiedensten Film und Serien-Produktionen, von Tatort über 4 Blocks bis WaPo Berlin.
Religionspädagogin und Bundestagsabgeordnete Lamya Kaddor
Hülya Süzen ist Oberfähnrich bei der Bundeswehr und setzt sich dort für gesellschaftliche Vielfalt ein.
Studentin Hamida arbeitet neben ihrem Studium als Zahnmedizinerin als Model für Modest Fashion.
Die Ärztin Dr. Hatun Karakaş betreibt neben ihrer Arbeit Social Media-Kanäle, auf denen sie Medizinthemen aus islamischer Sicht reflektiert.
Büşra Qadir ist Mitgründerin von Nindyaa, einem Start-up, das nachhaltige Textilien wie Bettwäsche anbietet.
Ataman Yildirim ist Gründer des ersten muslimischen Karnevalsvereins in Düsseldorf, Orient-Okzident-Express.
Der Berliner Sapeur Maddy. Die Sapeur (übersetzt etwa Dandy) sind eine soziale Bewegung, die in Zentralafrika gegen den Kolonialismus entstanden ist. Die Sapeur protestieren mit farbenfroher Mode gegen Willkür und Bevormundung.
↑ Zum Anfang
Bildnachweis
Alle Fotografien von Julius Matuschik.
Danksagungen
Ein besonderer Dank gebührt allen Einzelpersonen, Gruppen oder Institutionen, die ihre Türen für Moinundsalam.de geöffnet haben.
Außerdem geht ein herzliches Dankeschön an Götz Nordbruch, Samy Charchira, Junus el-Naggar und Prof. Dr. Naime Çakir-Mattner für ihre wertvolle Expertise.
2022 © moinundsalam.de
In den vergangenen Jahrzehnten ist die Gesellschaft zunehmend bunter und vielfältiger geworden. Die Pluralisierung in Deutschland wird u.a. mit Prozessen der Individualisierung und der Globalisierung erklärt. Diesem Wandel unterliegt auch die muslimische Bevölkerung, und zugleich treibt sie ihn mit an. Als integraler Teil der Gesellschaft gestalten Muslim*innen nicht nur innerhalb ihrer eigenen Communities das Zusammenleben mit, sondern auch darüber hinaus in allen Bereichen ihres gesellschaftlichen Umfelds. So wirken sie u.a. beruflich, künstlerisch, wirtschaftlich und politisch. Dieses Kapitel zeigt auf, wie Muslim*innen in der Gesellschaft arbeiten und wirken, und es stellt dabei folgende Fragen:
• Mit welchen Aktivitäten gestalten Muslim*innen heutzutage das gesellschaftliche Leben über ihre eigenen Vereine hinaus mit?
• Welche Institutionen haben Muslim*innen u.a. in den Bereichen Wohlfahrt, Medien und Kultur ausgebildet?
• Welche Formen der Radikalisierung unter Muslim*innen und des antimuslimischen Rassismus haben sich ausgebildet und wie wirken sie sich auf das Zusammenleben aus?
Die Berliner Medizin-Studentin Säli und ihr Hobby: Longboard-Fahren
Die große Mehrheit der Muslim*innen ist Teil der deutschen Gesellschaft, und viele sind über ihre religiösen und ethnischen Gemeinschaften hinaus in vielen Bereichen eingebunden. Ihre Religionszugehörigkeit stellt sie meist nicht vor besondere Herausforderungen im Alltag; Konflikte deswegen gibt es in seltenen Fällen.
Fußballturnier Imam gegen Pfarrer auf dem Tempelhofer Feld in Berlin
Auch Muslim*innen unterliegen den Anforderungen sich wandelnder Verhältnisse. Insbesondere in dem Ausnahmezustand während der ersten Zeit der Covid-19-Pandemie war zu merken, dass alle gleichermaßen von den Schwierigkeiten betroffen waren. In Gesprächsforen wie etwa dem Roundtable der Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft an der Goethe-Universität Frankfurt zu Fragen des Lockdowns und der Digitalisierung für Glaubensgemeinschaften unter Corona-Bedingungen zeigte sich im interreligiösen Gespräch, dass die Herausforderungen für Muslim*innen und auch die Folgen und Maßnahmen, die ergriffen wurden, nicht anders waren als für jüdische und christliche Gemeinden. Durch solche Austauschprozesse auf Augenhöhe erleben die Teilnehmer*innen, dass letztlich alle Mitglieder der Gesellschaft im selben Boot sitzen und man voneinander lernen und sich im Miteinander durch schwierige Zeiten lotsen kann.
Cansever Büyüt, ehemaliger Volkswagen-Angestellter und Mitgründer einer der ersten muslimischen Gemeinden in Hannover
Das Selbstverständnis der Muslim*innen als Bürger*innen ist heute viel stärker ausgeprägt als vor 50 Jahren zur Zeit des Zuzugs der Gastarbeiter*innen, auch weil damals ihr Aufenthalt in Deutschland noch von allen Seiten als nur vorübergehend betrachtet wurde. Deshalb wurde auch ihre Zugehörigkeit zur Gesellschaft angezweifelt. Für die Mehrheit der Muslim*innen aber ist es heute selbstverständlich, Teil der Gesellschaft zu sein und sich als vollwertige Bürger*innen zu verstehen. Es gelingt ihnen immer besser, mit ihrem Engagement aktiv beteiligt zu sein, in ihren Kommunen und darüber hinaus Verantwortung zu tragen und als Akteur*innen wahrgenommen zu werden. Viele von ihnen sind dabei im Gespräch und im Austausch mit anderen oder setzen gemeinsame Projekte um, ohne in ihrem Handeln auf ihre jeweilige Community beschränkt zu bleiben. Zwar fühlen sie sich von den kritischen medialen Islamdebatten gestört, von Resignation kann dennoch keine Rede sein. Stattdessen versuchen sie, selbst mitzumischen und ihre Meinung kundzutun. Doch trotz der vielen positiven Beispiele sind auch ‚schwarze Schafe‘ unter ihnen zu finden, die sich radikalen Positionen zugewandt haben und sich von der gesellschaftlichen Umgebung absondern wollen.
Musiker und Aktivist Waseem in München
Mangold-Ernte in Sufiland, einem Gemeinschaftsprojekt von Muslim*innen am Bodensee
Fahrradtour durch Deutschland unter dem Motto Muslime für Frieden, organisiert durch die Ahmadiyya Muslim Jamaat
Bei genauerem Hinsehen lässt sich ein vielfältiges Engagement von Muslim*innen verzeichnen, das teilweise religiös motiviert ist. Im vergangenen Jahrzehnt sind zahlreiche zivilgesellschaftliche Initiativen von Muslim*innen ins Leben gerufen worden. Im Bereich von Dialog und politischer Bildung beispielsweise haben sie deutschsprachige Foren geschaffen, um miteinander und mit anderen gesellschaftlichen und politischen Akteur*innen ins Gespräch zu kommen oder um sich weiterzubilden. So ist beispielsweise die Alhambra Gesellschaft e.V. 2017 als muslimisches Debattenforum entstanden. In deutscher Sprache veröffentlichen Mitglieder des Vereins religiöse Inhalte wie etwa die Freitagsworte, eine Art Internet-Freitagspredigt. Doch im Mittelpunkt der Aktivitäten stehen ein öffentliches Debattenformat – das Muslimische Quartett und seit neuerem Das unbequeme Gespräch – sowie ein parlamentarisches Forum, um generell Streitfragen rund um Glauben und Gesellschaft zu diskutieren.
Solidaritätsgebet im Rahmen einer Black Lives Matter-Demonstration in Berlin
Auf kommunaler Ebene hat sich als weiteres Beispiel 2013 eine Initiative Heidelberger Muslime gebildet, die sich die „Entmarginalisierung von Muslimen im kommunalen Miteinander“ zum Ziel gesetzt haben. Ihnen geht es um die Bereitstellung von „Dienstleistung an der Gesellschaft aus einer gottbewussten Haltung heraus“. Aus dieser Initiative heraus entstand sodann die Muslimische Akademie Heidelberg, der es um Bildung im Sinne der Selbstermächtigung und um Empowerment geht. Damit wirken die jungen muslimischen Akteur*innen in die Gesamtgesellschaft hinein mit der klaren Ambition, „Synergien zwischen der religiösen und der säkularen Sphäre zu ermöglichen“. Über Netzwerkarbeit und Partnerschaften u.a. mit christlichen Akademien sowie anderen Träger*innen der politischen Bildung und muslimischen Körperschaften beteiligen sie sich an wichtigen Diskussionen und übernehmen gesellschaftliche Verantwortung.
Eren Güvercin ist einer der Gründer der Alhambra Gesellschaft e.V., in der sich Muslime für ein plurales Europa engagieren.
Initiiert von der Humboldt-Universität zu Berlin und der Stiftung Mercator ist weiterhin im Jahr 2011 die Junge Islam Konferenz ins Leben gerufen worden. Sie führt junge Menschen im Alter zwischen 17 und 25 Jahre zusammen, die sich miteinander islambezogenen Fragen unserer Zeit widmen möchten. Sie setzen sich zudem ausgehend von ihren diversen Hintergründen mit aktuellen Fragen des Umgangs mit und nach Möglichkeiten der gemeinsamen Gestaltung pluralistischer Lebenswelten auseinander.
Tag der Offenen Moschee in der Al Mahdi-Moschee in Neufahrn bei Freising
Ein weiteres Beispiel für ein zivilgesellschaftliches Engagement im Bereich der Inklusion von Menschen mit Behinderung ist das 2014 ins Leben gerufene Interkulturelle Institut für Inklusion e.V. Zwar geht die Gründung auf Muslim*innen zurück, die sich ehrenamtlich für ein besseres Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung einsetzen und die vor allem Muslim*innen das Thema Inklusion näherbringen wollen. Doch arbeitet der Verein auch über die muslimische Community hinaus mit anderen zusammen, um generell für eine religions- und kultursensible Behandlung von Menschen mit Behinderung aus verschiedenen Kulturräumen zu sensibilisieren.
Intensivpflegerin Farah Demir an der Medizinischen Hochschule Hannover
Auch im Bereich Nachhaltigkeit und Umweltschutz haben sich einige muslimische Initiativen herausgebildet, die gemeinsam mit anderen Akteuren Missstände angehen möchten, wie etwa Nour Energy oder die Initiative Faire Moschee. Letztere setzt sich beispielsweise für Umwelt- und Naturschutz ein sowie für fairen Konsum und gerechten Handel. Hierbei arbeitet sie vor allem mit Moscheegemeinden, um sie für Umweltschutz und sparsamen Ressourcenverbrauch zu sensibilisieren. Daraus entstand in NRW ein kommunales Netzwerk ‚fairer‘ Moscheen.
Mitglieder von Nour Energy besichtigen eine von ihnen geplante Solar-Anlage auf dem Dach der Emir Sultan-Moschee in Darmstadt. Nour Energy ist die erste muslimisch-deutsche Organisation für Umweltschutz und Nachhaltigkeit.
Stadtimkerin Aischa Ahmad-Bach in Hannover
Muslim*innen beteiligen sich individuell und kollektiv rege in den Bereichen Kultur, Kunst und Sport. 1991 ist von Muslim*innen in Bonn der Internationale SportClub AlHilal gegründet worden, um Sportangebote bereitzustellen, die auch muslimische Belange berücksichtigen. Mittlerweile gehören ihm über 1000 Mitglieder aus mehr als 20 Nationen an. Die meisten stammen aus muslimisch geprägten Ländern. Mit mehreren Projekten versucht der Verein, Sport als Mittel der Integration und des guten interkulturellen Miteinanders zu betreiben und Muslim*innen und Nicht-Muslim*innen gleichermaßen anzusprechen. „Die Diversität sehen wir als Besonderheit und Stärke unseres Vereins, die durch gegenseitigen Respekt Anerkennung erfährt. Durch sportliche Projekte möchten wir eine Verbindung von Sport und Integration über kulturelle und religiöse Grenzen hinweg herstellen“, so der Verein in seiner Selbstdarstellung.
Firouz Vladi ist pensionierter Geologe und führt Exkursionen durch die Harzer Gipskarstlandschaft. Außerdem ist er Mitgründer des Verbands Muslime in Niedersachsen.
Kinderturn-Trainerin Leona Osmanaj in Hannover
Tänzerin und Tanzlehrerin Zahra Khadraoui bei einem Probetraining im Schlossgarten von Schloss Nymphenburg in München
Zu den kulturschaffenden muslimischen Initiativen gehört das Satire-Kollektiv Datteltäter in Berlin, das mit der Eröffnung eines YouTube-Kanals 2015 gestartet ist. In kurzen YouTube-Videos behandeln sie Fragen zum deutsch-muslimischen Selbstverständnis und zum gesellschaftlichen Miteinander aus Sicht dieser Minderheiten. Damit adressieren sie nicht nur die spezifische Zielgruppe, sondern regen gesellschaftskritische Debatten in der allgemeinen Öffentlichkeit an und beteiligen sich an diesen auch aktiv. Seit 2016 sind ihre Videos auch über das zu ARD und ZDF gehörende Online-Jugendprogramm Funk einsehbar.
Der Moderator und Journalist Michel Abdollahi gründete seinen eigenen digitalen Fernsehsender, das Vierte Deutsche Fernsehen.
Amina bloggt und modelt auf ihrem Account @modestmina zu Modest-Fashion-Themen.
Auch i,Slam e.V., der 2011 gegründet wurde und lange Zeit aktiv war, hat es geschafft, deutsch-muslimische Stimmen und Perspektiven künstlerisch in den kulturellen Bereich der modernen Dichtung einzubringen. In einem Zeitungsbericht der taz gaben seine Gründer an, dass diese Kunstform Muslim*innen durchaus nahe liegt: Schon der Prophet und seine Gefährt*innen seien Dichter*innen gewesen, der Koran sei in Versform verfasst. Doch es geht bei ihnen nur am Rande um Religion, die meisten poems sind gesellschaftskritisch oder einfach nur unterhaltsam. In diesen als Poetry Slams bekanntgewordenen Wettstreits, bei denen sich junge Wortkünstler*innen mit selbstverfassten Texten auf einer Bühne messen, geht es nicht nur um religiöse, sondern um vielfältige Themen, die die meist jungen Dichter*innen bewegen. Letztlich bringen sich damit Muslim*innen über die Kunst des Wortes in die deutsche Kulturlandschaft ein.
Leila El-Amaire ist Mitgründerin von i,Slam, Poetry Slams, auf denen nicht über muslimische Jugendliche geredet wird, sondern wo sie selbst das Wort ergreifen. Seit 2020 ist sie Trägerin des Bundesverdienstkreuzes.
Relativ neu ist das Netzwerk-Projekt Kunst junger Muslim*innen. Es hat zum Ziel, kunstschaffende junge Muslim*innen in Deutschland zusammenzubringen. Es ist Teil des Jugendstil Ideenfonds und wird von ihm mit anderen Initiativen gefördert. Es adressiert das Phänomen, dass es zahlreiche Muslim*innen gibt, die für sich individuell künstlerisch aktiv sind, aber keine Plattform haben und öffentlich zu wenig sichtbar sind.
Planungsmeeting des Tamam-Projekts in Berlin: Tamam ist ein Kulturprojekt des Museums für Islamische Kunst. Muslimische Jugendliche sollen über Workshops das islamische Kulturerbe kennenlernen.
Die gesellschaftliche Teilhabe geht aber noch weit über diese spezifischen, von Muslim*innen gegründeten Vereine und Initiativen hinaus. Viele Muslim*innen sind in säkularen Einrichtungen oder Vereinen vor Ort dabei, wie etwa in der freiwilligen Feuerwehr oder im Schützenverein. Sogar an Karnevalsaktivitäten nehmen manche von ihnen teil und beteiligen sich an der örtlichen Vereinsarbeit.
Erkan Inan ist einer der Initiatoren des Ausarten-Festivals in München, ein Kunst- und Kulturfestival, das jüdisch-muslimische Allianzen sichtbar machen will.
Außerdem vernetzen sich muslimische Gruppierungen in ihren Kommunen mit anderen oder bilden übergreifende Partnerschaften aus. So sind beispielsweise einige ihrer Vereine den neuen deutschen organisationen (ndo)angeschlossen, ein postmigrantisches Netzwerk von Vereinen, Organisationen und Projekten aus ganz Deutschland. Sie engagieren sich gemeinsam mit anderen in einem ‚postmigrantischen Bündnis‘ für eine offene Gesellschaft. Das im Jahr 2009 gegründete Aktionsbündnis muslimischer Frauen (AmF), das sich als unabhängiger Zusammenschluss für die Interessen und Gleichstellung muslimischer Frauen in Deutschland einsetzt, hat sich beispielsweise im Jahr 2010 dem Deutschen Frauenrat angeschlossen und bringt sich dort mit ein. Zudem ist das AmF seit 2012 Mitglied bei UN-Women Deutschland.
Die beiden Feuerwehrleute Mohammad und Ali kamen als Geflüchtete nach Achim.
Längst sind Muslim*innen in allen Wirtschaftszweigen und Berufen vorzufinden. Muslimische Ärzt*innen, Anwält*innen, leitende Ingenieur*innen und Unternehmer*innen beteiligen sich am beruflichen Leben und schaffen somit teilweise auch Arbeitsplätze.
In anspruchsvollen und gefährlichen Berufen wie der Polizei und der Bundeswehr sind sie ebenso vertreten wie in den Chefetagen deutscher Unternehmen. Ihre öffentliche ‚Unsichtbarkeit‘ lässt sich als Indiz für die Selbstverständlichkeit ihrer Teilhabe in allen Berufsfeldern – darunter auch hochqualifizierten Berufen – deuten.
Polizeioberkommissar Cihan C. in Frankfurt
Die Designerin Bahhareh Karimi erschafft mit dem Modelabel Imaima neue Modest-Fashion-Kreationen.
Der Stuttgarter Architekt Mustafa Rasch verwirklicht Bauprojekte unter anderem in Mekka und Medina. Gemeinsam mit seinem Vater Bodo Rasch plante er die große Turmuhr, die über Mekka thront.
Saliha Schmitz hat sich mit dem Café Wölkchen einen Traum erfüllt. Über das Café hinaus veranstaltet sie mit ihrem Mann Yahya die Gesprächsreihe Coffee and Faith, in der Speaker*innen zu Wort kommen, um über islamisch-theologische Themen zu sprechen.
Go Yolla! ist ein Berliner Start-up, das unter anderem Halal-Lebensmittel bis an die Haustür bringt. Die beiden Mitgründer Omar Halabi und Mohamad El Haj planen, den Lieferdienst demnächst auch in anderen Städten anzubieten.
Auch in die Politik haben Muslim*innen inzwischen Einzug gefunden, und zwar nicht nur im Hintergrund oder in kleinen Amtstuben. Innerhalb mancher Parteien haben sich Arbeitskreise oder Zusammenschlüsse von Muslim*innen gebildet, so etwa der Arbeitskreis Grüne MuslimInnen oder der Arbeitskreis Muslime in der SPD. Sie sind bei Wahlen in ihren Städten aktiv und treten dort teilweise bei Kommunal- und Landtagswahlen und zunehmend auch bei Bundestagswahlen an. Lamya Kaddor, muslimische Religionspädagogin und Gründungsvorsitzende des Liberal-islamischen Bundes, ist beispielsweise seit 2021 als Grünen-Politikerin Mitglied des Deutschen Bundestags. Als erste muslimische CDU-Bundestagsabgeordnete konnte in der vorherigen Legislaturperiode Cemile Giousouf politisch mitwirken. Doch der Fall Şener Şahin, der für den CSU-Ortsvorstand im bayerischen Wallerstein für das Amt des Bürgermeisters kandidieren wollte, zeigt: Es ist immer noch nicht einfach für Menschen mit Migrationshintergrund, in etablierten Parteien voranzukommen. Gegen seine Kandidatur gab es so großen Widerstand in den eigenen Reihen, dass er seine Bewerbung zurückzog.
Belit Onay, Oberbürgermeister der Stadt Hannover
Mazhar Klalib Alashabi bietet in seiner King Konditorei syrische Baklava an.
Sawsan Chebli, ehemalige Staatssekretärin und Mitgründerin des Vereins JUMA (Jung, muslimisch, aktiv)
Hassan Akkouch startete seine Schauspielkarriere am Ballhaus Naunynstraße. Nachdem er später Schauspiel in München studierte, spielt er heute in verschiedensten Film und Serien-Produktionen, von Tatort über 4 Blocks bis WaPo Berlin.
Religionspädagogin und Bundestagsabgeordnete Lamya Kaddor
Hülya Süzen ist Oberfähnrich bei der Bundeswehr und setzt sich dort für gesellschaftliche Vielfalt ein.
Studentin Hamida arbeitet neben ihrem Studium als Zahnmedizinerin als Model für Modest Fashion.
Die Ärztin Dr. Hatun Karakaş betreibt neben ihrer Arbeit Social Media-Kanäle, auf denen sie Medizinthemen aus islamischer Sicht reflektiert.
Büşra Qadir ist Mitgründerin von Nindyaa, einem Start-up, das nachhaltige Textilien wie Bettwäsche anbietet.
Ataman Yildirim ist Gründer des ersten muslimischen Karnevalsvereins in Düsseldorf, Orient-Okzident-Express.
Der Berliner Sapeur Maddy. Die Sapeur (übersetzt etwa Dandy) sind eine soziale Bewegung, die in Zentralafrika gegen den Kolonialismus entstanden ist. Die Sapeur protestieren mit farbenfroher Mode gegen Willkür und Bevormundung.
↑ Zum Anfang
Bildnachweis
Alle Fotografien von Julius Matuschik.
Danksagungen
Ein besonderer Dank gebührt den Vertreter*innen der Moscheegemeinden, allen voran Aiman El Attar (Bilal-Moschee Aachen), Mohammad Ale Hosseini (Islamisches Zentrum Hamburg), Mohammad Luqman und Ilyas Munir (Ahmadiyya Muslim Jamaat), die ihre Archive für das Projekt geöffnet haben, sowie den Mitarbeiter*innen der verschiedenen Sammlungen, die die hier gezeigten Fotografien aufbewahren und zugänglich machen. Ein herzlicher Dank sei auch an Thomas Ugé gerichtet, der die Geschichte von Abdullah Weisser erstmals aufbereitet hat und dem die Bildschätze aus dem Leben Weissers zu verdanken sind. Darüber hinaus danke ich Karin Scherrer und Joachim Weisser, die geholfen haben, die Geschichte ihres Vaters Abdullah Weisser zu rekonstruieren. Ein herzliches Dankeschön geht ebenfalls an Wolfgang Schröck-Schmidt für den Zugang zur Schwetzinger Moschee.
2022 © moinundsalam.de